Die Angst vor der Bohrung

Wie ich sicherlich schon in einem meiner vorherigen Artikel erwähnt habe, möchten wir unser zukünftiges Eigenheim mit einer Umweltfreundlichen Sole-Wasser-Wärmepumpe heizen. In der Überlegung stand auch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. In Anbetracht der Strompreisentwicklung der letzten Jahrzehnte und den allgemein gestiegenen Energiekosten, möchten wir nicht von vornherein auf eine Heizunganalage setzen, die bei sehr niedrigen Außentemperaturen zu 100% die Energie aus dem Strom gewinnt. Die Erdwärmeanlage erreicht unabhängig von der Außentemperatur eine Effizient von bis zu Faktor 5 (aus 1kWh Strom wird bis zu 5kWh Wärme), im Gegensatz zur Luftwärmepumpe, die dann einen Faktor von 1 hat (aus 1kWh Strom wird 1kWh Wärme).

Natürlich ist es uns bewusst dass die meiste Zeit im Jahr die Außentemperatur nicht dermaßen niedrig ist. Aber da keiner weiß wohin sich der Strompreis entwickelt, gehen wir auf Nummer sicher und setzen auf die effizienteste Wärmequelle die es zur Zeit gibt: Erdwärme.

Dazu braucht es natürlich eine Erdwärmesonde. Die oberflächennahen Sonden finde ich zu aufwendig in der Einbringung und zu wenig effektiv. Deshalb bleibt eigentlich nur noch die Sondenbohrung.

Wie ich jetzt weiß, muss eine solche Bohrung eigentlich einen Abstand von 5m zum direkten Nachbargrundstück und 5m zur Mitte einer angrenzenden Straße haben.

Hätten wir das früher gewusst/realisiert, hätten wir unser Haus vermutlich ein wenig anders platziert. Denn nun haben wir folgendes Problem:

Geplant war eine Bohrung auf dem ca. 3m breiten Streifen zwischen Haus und Straße, eben vor dem Technikraum wo die Heizungsanlage hinein soll. Wer beim lesen mitdenkt weiß gleich: „Moment, 3m vor dem Haus, das wird vielleicht mit der Straße eng.“. Und genau so ist es: Wir haben keinen Gehweh zwischen Grundstück und Straße, weswegen bei einer Straßenbreite von 5m die Bohrung 2,5m ins Grundstücksinnere positioniert werden muss. Nach weiteren 50cm stünde bei uns aber schon die Fassade.

Laut Bohrfirma sollten wir aus Platzgründen für das Bohrgerät ca 1,8m vom Haus Abstand halten. Somit wäre der Abstand zur Straßenmitte nur noch 4,1m statt 5m.

Nun, für solche Fälle gibt es eine Lösung: Eine Einverständniserklärung des Nachbarn auf der anderen Straßenseite bzw. des angrenzenden Grundstücks.

Hintergrund ist der: Im Rhein-Neckar-Kreis sagt das zuständige Amt, dass Sondenbohrungen (eigentlich) zueinander einen Abstand von 10m haben sollten. Wenn jetzt rechts und links von einer Straße beide Parteien eine Bohrung durchführen möchten, dann kommen sie sich nicht in die Quere wenn jeder 5m zur Straßenmitte Abstand hält.

Mit der Einverständniserklärung erklärt der Nachbar sich also einverstanden, dass die Bohrung um X Zentimeter oder Meter näher an seinem Grundstück sitzt, und dass im Falle einer eigenen Bohrung verstärkt auf den passenden Abstand von 10m zu achten ist.

Nun gab es vor einiger Zeit bei verschiedenen Sondenbohrungen Probleme, die zum Teil richtig ins Geld gingen und bei angrenzenden Häusern massiv Schäden verursacht hat. Ich kann die Besorgnis von Nachbarn durchaus nachvollziehen. Aber man sollte sich vorher informiert haben und man kann und sollte dann nicht Äpfel mit Birnen gleichsetzen (vergleichen ist erlaubt, aber gleichsetzen ist nicht unbedingt ideal).

Beispiel Staufen im Breisgau: Ursache für die Probleme dort war Anhydrit (wasserfreier, dehydrierter Gips). Bei Kontakt mit Wasser quillt der trockene Gips auf und drückt in alle Richtungen. So auch nach oben.
Zitat Wikipedia: „Schadensursache sind auch ungenügende geologische Recherchen (Kosteneinsparung) und zu große Bohrneigung durch „preiswerte Bohrungen“ (Kosteneinsparungen). Hier wurde an falscher Stelle gespart.“ (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Erdw%C3%A4rme#Staufen_im_Breisgau)

In unserem Ort kenne ich bereits drei private Erdwärmebohrungen, durchgeführt von zwei Bohrunternehmen (das Unternehmen mit zwei Bohrungen ist auch das, das bei uns bohren wird). Bei keiner der Bohrungen ist man auf Anhydrit oder eine andere Problemschicht gestoßen. Geologen und Gutachter waren anwesend und haben regelmäßig Proben genommen und alles überwacht.

Weitere Problem-Beispiele sprechen von Absinkung des Grundwassers und Auswaschungen/Hohlraumeinstürzen, die zur Folge hatten, dass das Erdreich über der Bohrung abgesunken ist.

Nun, ich bin weder Geologe noch Experte. Aber wenn das Bohrloch nach der Bohrung und Einführen der Sonde unter Hochdruck von unten nach oben mit einer nun vorgeschriebenen Füllmasse (vor einigen Jahren was das wohl noch nicht vorgeschrieben) verfüllt wird, müsste man eigentlich sicher sein, dass da kein fließendes Wasser irgend etwas auswäscht, oder die Bohrung in sich zusammenfällt. Denn es wird soviel verfüllt bis das Loch voll ist. Sie auch: http://www.lgrb.uni-freiburg.de/lgrb/download_pool/Leitfaden_-_Nutzung_von_Erdwaerme.pdf, Seite 20, letzter Punkt. Zitat: „Nach Einbau der Sonde ist der Bohrlochringraum vollständig mit Zementsuspension, ausgehend vom Sondenfuß, von unten nach oben gemäß VDI 4640 zu verpressen. […] Für die Verpressung wird ein Bentonit-Zement mit einem Mindestgehalt von 4 % Montmorillonit empfohlen. Die Suspension muss nach Erhärtung dauerhaft dicht und beständig sein. Die Daten der Zementation sind zu protokollieren. Von der aus dem Bohrloch austretenden Zementsuspension ist eine Rückstellprobe zu entnehmen und mindestens bis 1 Monat nach Versand des Protokolls zum Bau der Erdwärmesonde aufzubewahren.“. 

Auch hab ich gelesen: Selbst beim Bohren wird geschaut ob das was an Wasser als Spüllösung eingebracht wird, wieder in passender Menge aus dem Bohrloch austritt, oder ob dies im Bohrloch „verschwindet“. Passt die eingeführte Wassermenge nicht zur austretenden Wassermenge, so wird die Bohrung umgehend abgebrochen und das Loch entsprechend verfüllt/verpresst.

Und schließlich kann man – so der Geologe der von uns beauftragten Bohrfirma – die geologischen Gegebenheiten der Problembohrungen (welche offenbar von vornherein – im Gegensatz zu unserer Region – als „Problemzonen“ eingestuft wurden) mit denen bei uns im Ort nicht vergleichen. Und nach allem was ich gelesen und recherchiert habe, glaube ich ihm das.

Und das beste zum Schluss: Die für die Bohrung relevante VDI Norm, so unser Geologe, beschreibt einen Abstand von 6m, und nicht wie der Rhein-Neckar-Kreis vorgibt 10m. In anderen Kreisen sind es nämlich nach wie vor 6m.

Laut seinen Aussagen könnte es sogar sehr gut sein, dass die 10m vor Gericht nicht bestehen würden, und somit die 6m der VDI-Norm greifen. Und mit 6m hätte es diesen HickHack den es jetzt bei uns gab erst gar nicht gegeben. –> Verrückte Welt. Aber was will man machen. So ist es halt.

 

Ein Gedanke zu „Die Angst vor der Bohrung

  1. Wir heizen seit 1985 mit Erdwärme und Wärmepumpe, s. Homepage http://www.staerk-erdwaerme.ch . Unsere beiden Sonden sind auch nur ca. 3.5 m von Mitte Strasse entfernt. Das hat damals kaum jemand interessiert. Weder die Bohrfirma noch das Bauamt oder der Besitzer der gegenüberliegenden Grundstück-Parzelle. Damals noch nicht bebaut (ist heute bebaut, aber mit Ölheizung). Die beiden 60 m tiefen Sonden sind entlang der Strasse auf meinen Wunsch in einem Abstand von 10m eingebracht worden. Eine einzige Sonde mit 120m konnte die Bohrfirma damals noch nicht machen.
    Je tiefer die Sonde ist, um so grösser wird das Risiko, dass eine Sonde mal einbricht, wie bei Nachbarn später auch geschehen. Ich rate immer, die Platzierung so zu machen, dass man beim Einbruch einer Sonde noch genügend Abstand für eine zweite Bohrung hat (also z.B. 2x 100 m statt 1x 200m). Es gibt noch eine andere Möglichkeit, sich mit der Bohrung des Nachbarn nicht zu nahe zu kommen: Man bohrt etwas leicht schräg unter das eigene Haus (also bei 100 m Tiefe etwa 5° schräg. Dann hat man nur nahe der Oberfläche etwas zu wenig Abstand zu einer evt. Bohrung des Nachbarn. Erdsondenbohrungen sind selten exakt senkrecht! Und es gab schon blöde Zufälle, wo sich 2 („senkrechte“ 🙂 ) Bohrungen mit Abständen an der Oberfläche von 5 Metern) in über 100 m Tiefe getroffen haben, wobei die erste bereits eingebrachte Erdwärmesonde zerstört wurde! (Volltreffer!)

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